Reiserecht im Hinblick auf die Corona-Pandemie
Rechtliche Aspekte des Corona-Virus im Hinblick auf das Reiserecht.
Was bedeutet das Corona-Virus für Reisende?
1. Stornierung/Rücktritt einer Pauschalreise aufgrund des Corona-Virus
Reisende können jederzeit ihre Pauschalreise stornieren. Der Veranstalter kann allerdings grundsätzlich sodann eine Stornogebühr verlangen. Eine kostenfreie Stornierung/Rücktritt ist nur möglich, wenn bei der Reise die Anreise oder Durchführung durch unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände erheblich beeinträchtigt wird. Es muss daher für jede Reise konkret geprüft werden, ob zum Zeitpunkt der Stornierung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit absehbar ist, dass solche Umstände vorliegen. Die Beweislast hierfür liegt bei dem Reisenden. Bei Reisen, welche nicht unmittelbar bevorstehen, empfiehlt es sich daher die weitere Entwicklung der Lage abzuwarten.
Bisher galt nach der Rechtsprechung eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes bei Auslandsreisen als starkes Indiz für das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände. Ob dies auch bei Reisewarnungen für Hochrisiko- und Virusvariantengebiete gilt, ist in vielen Fällen noch nicht gerichtlich geklärt. Ob nach über einem Jahr Pandemie noch ein außergewöhnlicher Umstand vorliegt wenn ein Land/Gebiet nach der Buchung zum Hochrisiko- oder Virusvariantengebiet wird, ist bisher nicht gerichtlich geklärt. Aufgrund dieser unklaren Rechtslage sollten Reisende daher zunächst versuchen, mit ihrem Reiseveranstalter eine gütliche Einigung zu erzielen. Einige Reiseveranstalter bieten teilweise den Urlaubern von sich aus die Möglichkeit einer kostenlosen Umbuchung an. In einigen Fällen bieten Veranstalter auch kostenlose Stornierungen an.
Problematisch sind hier vor allem aktuelle Buchungen, bei denen sich die Einstufung des Reiseziels zwischen Buchung und Antritt der Reise ändert.
Es empfiehlt sich daher für den Fall, dass Sie eine Pauschalreise stornieren wollen, mit dem Reiseveranstalter in Kontakt zu treten und zunächst nach einer einvernehmlichen Lösung (z.B. eine kostenlose Umbuchung) zu fragen.
Ein kostenfreier Rücktritt ist auch dann möglich, wenn der Veranstalter erhebliche Leistungsänderungen vornimmt oder die Reise mit erheblichen Mängeln behaftet ist (wenn beispielsweise ein wesentlicher Teil der Pauschalreiseleistung nicht stattfindet, wenn z.B. zentrale Sehenswürdigkeiten gesperrt sind oder wenn bei einem gebuchten Badeurlaub der Strand aufgrund der Corona-Situation vor Ort nicht nutzbar ist, kann der Reisende kostenfrei zurücktreten). Was erhebliche Änderungen/Mängel sind, in jedem Einzelfall anhand des konkreten Vertragsinhalts zu beurteilen. Zu vielen Corona-Maßnahmen gibt es in diesem Zusammenhang noch keine Gerichtsurteile.
Bei erheblichen Mängeln einer Pauschalreise ist auch eine Reisepreisminderung möglich.
Werden Pauschalreisen dagegen vom Veranstalter storniert, erhält der Urlauber den vereinbarten Reisepreis zurück.
2. Individualreise: Wann kann man aufgrund des Corona-Virus stornieren/zurücktreten?
Schwieriger gestaltet sich die Gesetzeslage in diesem Zusammenhang für Individualreisende:
Maßgeblich ist hierbei, ob der Anbieter die gebuchte Leistung (z.B. den Flug oder die Übernachtung) erbringen kann. Ist dies der Fall und wirkt sich die Einstufung des Gebiets nicht unmittelbar auf die vertraglich geschuldete Leistung aus, so kann der Individualreisende die Reise zwar absagen, muss jedoch im Regelfall Stornokosten zahlen. Ein kostenfreier Rücktritt käme dann nur in Betracht, wenn dies im Vorfeld vertraglich mit dem Anbieter vereinbart wurde.
Wenn der Anbieter die Leistung, z.B. den Flug oder die Übernachtung absagt/storniert, kann der Urlauber bereits getätigte (An-)Zahlungen zurückfordern.
Von sich aus kann der Reisende bei Anwendung des Deutschen Rechts lediglich dann kostenfrei stornieren, wenn die Einzelleistung nicht/nicht wie vertraglich vereinbart, erfüllt werden kann. Ob hierbei Corona-Auflagen schwerwiegende Mängel bedeuten, muss im Einzelfall geklärt werden. Aufgrund der hier auch hier bestehenden rechtlichen Unsicherheiten empfiehlt es sich, eine Einigung mit dem Hotelier/Vermieter zu suchen.
3. Buchung von Hotel/Ferienwohnung im Ausland
Sollten Sie ein Hotel oder Ferienwohnung im Ausland zb. über einen online Hotel-/Ferienwohnung-Vermittler gebucht haben und die Buchungsbedingungen keine Regelungen zum anwendbaren Recht enthalten, so kommt ausländisches Recht zur Anwendung. In wie fern in einem solchen Fall Rücktrittsmöglichkeiten bestehen, hängt von der jeweiligen Gesetzeslage des Landes und der vereinbarten vertraglichen Bedingungen ab.
4. Regelungen bei Reisen in Deutschland
Derzeit gelten weiterhin die Corona-Verordnungen der Bundesländer. Reisende sollten sich über die genauen Regelungen vor Ort erkundigen und berücksichtigen, dass sich diese auch inzidenzabhängig schnell wieder ändern können.
Wenn in Deutschland touristische Übernachtungen verboten sind, muss ein Hotelier oder Vermieter von sich aus stornieren, weil er seine Leistung wegen der Corona-Pandemie nicht weiter anbieten darf. Sodann muss der Hotelgast den Zimmerpreis nicht zahlen. Bei Dienstreisen können je nach Bundesland abweichende Regelungen gelten.
5. Corona: Wann zahlt eine Reiserücktrittsversicherung?
Die Reiserücktrittsversicherung greift lediglich dann, wenn Sie die gebuchte Reise aus einem versicherten Grund (hierbei kommt es auf die konkreten Vertragsvereinbarungen an) nicht antreten können, beispielsweise bei einer schweren, unerwarteten Erkrankung. Voraussetzung ist, dass Sie die Versicherung vor der Erkrankung unter Einhaltung der Fristen abgeschlossen haben. In diesem Fall würden sodann die vertraglich geschuldeten Stornokosten übernommen.
Auch im Falle eines positiven Corona-Tests kann eine Krankheit vorliegen, die eine Reiseunfähigkeit auslöst. Dies auch unabhängig davon, ob eine gesundheitliche Beeinträchtigung vorliegt. Die Reiserücktrittsversicherung zahlt unter Umständen, sofern diese den Pandemiefall nicht explizit ausschließt.
Individuelle Ängste und Sorgen vor einer Ansteckung sind dagegen keine Gründe, bei denen eine Versicherung grundsätzlich einspringt.
Eine (Teil-)Reisewarnung des Auswärtigen Amtes gilt in der Reiserücktrittsversicherung grundsätzlich nicht als versichertes Ereignis. Die Reiserücktrittsversicherung greift dann in der Regel nicht.
6. Was gilt bei einem positiven Corona-Test?
Wenn ein Urlauber aufgrund eines positiven Corona-Tests oder einer behördlichen Quarantäneanordnung nicht verreisen darf, können Pauschalreiseveranstalter ebenso wie Airline oder Hotel Stornierungskosten verlangen. Eine Absicherung gegen dieses Risiko bietet eine Reiserücktrittsversicherung, hier gelten dann die jeweiligen Versicherungsbedingungen.
Sollte der Test am Urlaubsort positiv ausfallen und der Reisende deshalb nicht nach Hause reisen können, so muss er eventuell anfallende Zusatzkosten während der Quarantäne selbst zahlen. Bei einer behördlich angeordneten Quarantäne sehen Regelungen im jeweiligen Urlaubsland möglicherweise eine Kostenerstattung vor. Einzelheiten hierzu müssen jedoch im Reiseland geklärt werden. Gegen das Kostenrisiko durch eine Corona-Erkrankung können Reisende sich über eine Reiseabbruch- oder Reiserücktrittsversicherung absichern.
7. Kostenfreier Rücktritt bei Quarantäne im Reiseland?
Ein kostenfreier Rücktritt ist, wie bereits zuvor ausgeführt, bei einer Pauschalreise möglich, wenn erhebliche Leistungsänderungen vorliegen. Dies kann auch gelten, wenn Reisende bei der Einreise eine Quarantäne antreten müssten.
Davor zu unterscheiden ist der Fall, dass Sie nach der Reise zuhause in Quarantäne müssen, weil ihr Reiseland als Hochrisiko- oder Virusvariantengebiet eingestuft wurde. Der Veranstalter kann die Reise hier vertragsgemäß erbringen, sodass ein kostenfreier Rücktritt nicht möglich ist.
8. Was kann man tun, wenn eine Reise bevorsteht?
Wer eine Pauschalreise gebucht hat, sollte sich beim Veranstalter erkundigen, ob die Reise, wie geplant, durchgeführt werden kann. Liegen die Voraussetzungen für eine kostenfreie Stornierung nicht vor, sollte versucht werden eine einvernehmliche Lösung beispielsweise in Form einer Umbuchung zu finden.
Steht die Reise hingegen erst in mehreren Wochen oder Monaten bevor, sollte man zunächst die Entwicklung der Situation im Reiseland abwarten. Der Rücktritt vom Reisevertrag sollte immer nur das letzte Mittel sein, wenn klar ist, dass die Reise mit signifikanter Wahrscheinlichkeit von den Auswirkungen einer Corona-Virus-Pandemie erheblich betroffen sein wird.
Auch wer individuell gebucht hat (Individualreise), z.B. Flug oder Hotel, sollte zunächst Kontakt mit dem jeweiligen Vertragspartner aufnehmen um zu erfahren, ob die Leistung, wie vereinbart, erbracht werden kann. Falls man nicht reisen will, obwohl eine kostenfreie Stornierung nicht möglich ist, sollte man nach einer einvernehmlichen Kulanzlösung suchen.
Bach Rechtsanwälte und Fachanwälte in Aschaffenburg
Gerne beraten wir Sie individuell zum Thema „Reiserecht im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie“. Die vorstehenden Informationen ersetzen nicht die individuelle Beratung, da die aufgeworfenen Rechtsfragen anhand des jeweiligen Einzelfalles geprüft und beurteilt werden müssen.